Donnerstag, 26. Juni 2008

Ihr könnt Euch niemals sicher sein


Originaltitel: „Ihr könnt Euch niemals sicher sein“
Deutschland, 2008
Regisseur: Nicole Weegmann
Hauptdarsteller: Ludwig Trepte, Jenny Schily, Jürgen Tonkel, Anneke Kim Sarnau, Fjodor Olev
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Bewertung:

*******
(gut)
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„Dass auch Erwachsene gleich Kindern auf diesem Erdboden herumtaumeln, und wie jene nicht wissen, woher sie kommen und wohin sie gehen, das will niemand gern glauben, und mich dünkt, man kann es mit Händen greifen.“

(Johann Wolfgang von Goethe: Die Leiden des jungen Werther)

Der 17-jährige Oliver scheint der Einzige zu sein, der Goethes Werther wirklich verinnerlicht hat und adaptiert den Klassiker bei Klausuren in Hip Hop Lyrics. Seine Deutschlehrerin sieht das allerdings als Verunglimpfung der deutschen Sprache, Olivers Abitur ist gefährdet. Seine Aggressionen und Ängste reagiert der Teenager in Songtexten ab, die auch mal davon handeln, seine Lehrerin und seine Mitschüler einfach abzuschlachten. Als einer seiner Texte im Klassenzimmer gefunden wird, sieht sich die Schulleitung alarmiert. Aus Furcht vor einem Massaker wie in Erfurt schaltet sie die Polizei ein. Lehrer und Kriminalbeamte reagieren völlig übertrieben auf die Verbalattacken des sensiblen und intelligenten Jugendlichen. Oliver wird vorübergehend in die Psychiatrie eingewiesen. Als gefährlicher, potenzieller Amokläufer abgestempelt, findet er kaum mehr Menschen, die ihm wirklich vertrauen und manövriert sich selbst immer tiefer ins Abseits.

Das Beklemmende an „Ihr könnt Euch niemals sicher sein“ ist das Unverständnis, das die „erwachsene“ Gesellschaft den Nöten und Problemen eines Teenagers entgegen bringt. Kaum jemand – ob Eltern oder Lehrer – ist auch nur ansatzweise bereit zu hinterfragen, wie es in Oliver wirklich aussieht, alle misstrauen ihm von vorneherein. Selbst das psychologische Gutachten, dass es sich bei dem Jugendlichen definitiv nicht um einen möglichen Gewalttäter handelt, kann daran nichts ändern. Das Lehrerkollegium will ihn abschieben, seine Deutschlehrerin bildet sich ein, Angst vor ihm haben zu müssen, der Vater seiner Freundin zeigt ihn grundlos an, seine Mutter gibt sich nicht die Mühe ihn zu verstehen und sein Vater meint, zusammen mal einen Trinken zu gehen, könnte die Konflikte lösen. Alle suchen das Problem bei Oliver, aber nicht bei sich selbst.


Ein wirklich guter Film, der leider ein paar Minuspunkte dafür bekommt, dass die meisten Charaktere zu wenig differenziert dargestellt sind. Die überforderten Eltern, die bornierte Deutschlehrerin wirken mitunter etwas klischeehaft und nicht so glaubwürdig. Olivers Figur ist dagegen sehr fein ausgearbeitet und überzeugt auf ganzer Linie, was auch in hohem Maße der hervorragenden schauspielerischen Leistung von Ludwig Trepte zu verdanken ist. Der 19 Jahre alte Berliner ist ein Ausnahmetalent und auch kein unbeschriebenes Blatt: in den vergangenen Jahren konnte er bereits den Max Ophüls-Preis, den Adolf Grimme-Preis und die Goldene Kamera für sich verbuchen.

Die Aufführung von „Ihr könnt Euch niemals sicher sein“ im Rahmen des „26. Filmfest München 2008“ am gestrigen Abend war die Premiere des Films. Regisseurin, Autoren, Filmcrew und Hauptdarsteller waren anwesend. Dass das Kino (MaxX 5 mit knapp 300 Plätzen) nicht einmal zu einem Drittel voll war, ist schade, aber bei der Konkurrenzveranstaltung (EM-Halbfinale Deutschland - Türkei) auch nicht verwunderlich. Der Filme hätte durchaus ein paar mehr Premierengäste verdient.

Kurzer Nachtrag: „Ihr könnt Euch niemals sicher sein“ wurde außerdem mit dem 3sat-Zuschauerpreis 2008 ausgezeichnet. 12 deutsche TV-Produktionen standen zur Auswahl und Nicole Weegmanns Schülerdrama konnte die meisten Stimmen auf sich vereinigen.

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Internet Movie Database

IMDb: Ihr könnt Euch niemals sicher sein

DVD / TV
Amazon.de: Ihr könnt Euch niemals sicher sein

Produktion des WDR – TV-Erstausstrahlung: 22. Oktober 2008 (ARD)

Links

Focus.de: Filmkritik
Presseportal.de: Meldung des WDR zum Drehbeginn
YouTube: Zusammenschnitt von Vor- und Abspann des Films (2:19 Min)
YouTube: Interview mit Ludwig Trepte bei der Verleihung der Goldenen Kamera 2008 (1:42 Min)

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7 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Ich habe nun diesen film gesehen und es hat mich 90 Minuten lang gefesselt! Es geht um Vertrauen, Freundschaft und Liebe! Der Film ist auf jeden Fall empfehlenswert! Ich warte jetzt nur noch auf den Erscheinungstag der DVD, damit ich den Film meinen Bekannten beitragen kann!

Anonym hat gesagt…

ich sehe das genauso, der charakter von olivier wurde so überzeugend dargestellt,dass man gut verstehen kann wie wir jugendlichen uns fühlen. ich finde es auch sehr gut das der film sehr realitätsnah ist.

Anonym hat gesagt…

ich kann mich den vorherigen kommentaren nur anschließen, der film war fesselnd und unglaublich realitätsnah - alle achtung an die hervorragend gespielte hauptrolle - ich denke, viele jugendliche haben einen teil von sich in diesem film wiederentdeckt und sind froh darüber, dass auch auf andere aspekte von "vermutlichen amokläufen" eingegangen wird ... ich fand, nebenbei gesagt, olivers aufsatz echt gut, nur schade, dass es eben eine andere aufgabenstellung war - aber 0 punkte =/

guenterbvg hat gesagt…

hallo wer kann helfen !!! ich suche aus diesen film den letzten song der am filmende ( beim Abspann )gespielt wurde...der film hat mir supa gefallen !!! bitte e-mail an guenterbvg@msn.com thx mfg günter

Mike hat gesagt…

Hallo Günter,
probiers doch mal auf der Website der Drehbuchautoren, die haben wohl den besten Draht zum Produktionsteam:
http://www.zahns.com/aktuelles
Mike

claire hat gesagt…

hey,
also ich muss sagen daumen hoch!! ich hab den film jetzt schon das zweite man gesehen ,wenn auch immer nicht ganz von beginn!!Oliviers Charakter hat mir unheimlich gut gefallen und mich irgendwie zum Nachdenken angeregt!!über ludwig treptes darstellung muss an wohl nichts sagen:er hat die rolle echt gelebt und Olivier mit tiefe lebendig gemacht!!
wie sieht das eigentlich mit seinen texten aus,kann man die irgendwo nochmal nachlesen??
tschüssi

Dennis hat gesagt…

Der Film lief letztens im Fernsehen. Fand ihn auch super. Die Geschehnisse in Winnenden haben ihm gleich nochmal erschreckende Aktualität verschafft. Die Spannung, weil man nicht weiß, ob Oliver es nun ernst meint oder nicht (am Ende passiert ja tatsächlich noch ein Unglück), ist schon echt intensiv. Sehr gut dargestellt, wie die Elterngeneration daran scheitert, den Teenager verstehen zu wollen, und ihn dabei erst zu einem Kriminellen macht. Wobei Oliver ja selbst einige Dinge nicht auf die Reihe kriegt und auch selbst mit Schuld ist, nicht nur Opfer. Sehr gut gemacht. Am Tag danach lief noch ein toller Coming-of-Age-Film: Wahrheit oder Pflicht.